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  • AutorenbildPrisca Santschi

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Anders sein ist schwer, anders sein ist anstrengend, anders sein ist nicht der Mehrheit entsprechend, anders sein hat nicht nur schöne Elemente, nicht nur schöne Momente, nicht nur schöne Romantische Gedanken, wenn anders sein angeboren ist, wenn anders sein nicht eine Wahl gewesen ist, dann ist anders sein ein Muss, eine Etikette, eine Ausgrenzung, ein benehmen, ein lernen, ein Fettnäpfchen ums andere, eine Qual – wenn es nicht der Norm entspricht, dann passt es nicht, dann wird es passend gemacht. Mein heutiger Blog trägt den Titel:


Ich will nicht Teil eines Ganzen sein, wenn ich nicht genauso wie ich bin, gewollt bin!

Die Grausamkeit verbirgt sich bereits im Titel, der Schmerz widerspiegelt meine Seele und manchmal verbirgt kein lächeln die innere Unzufriedenheit, das grosse Ganze wird selten als solches betrachtet, so endet es am Ende in der Abgeschiedenheit der Einsamkeit. Es ist, als ob du einen Garten bepflanzen möchtest, aber darauf angewiesen bist, dass andere dir Wasser genehmigen, damit du wachsen kannst. Aber warum das alles, warum die Gedanken, warum die Schwere, warum verbirgt sich in Trauer eben auch Leichtigkeit und warum Freude eben auch viel Kälte beinhaltet - weil...


Stell dir vor du kannst nicht lesen, stehst jahrelang vor einer beschrifteten Tafel und kannst die Anweisungen weder verstehen noch entziffern. Keiner erklärt dir warum du es nicht kannst, gibt dir kein Werkzeug zur Hand um es erlenen zu können. In all den Jahren begegnen dir Menschen, die dich streifen, stehen bleiben, dich mustern, dich begutachten, dich anlächeln, dich nieder machen, dir aber nicht zeigen, warum du dastehst und schon gar nicht wie du weiterkommst.


Was würdest du tun? Denn wenn du nicht lesen kannst, so wirst du auch nicht sprechen können, nicht über Dinge, welche dir nicht klar sind, dich selbst in die Enge treiben, dir nicht die die Hand reichen, um wachsen zu können, sondern dich viel mehr klein halten, dich darum bitten zu lernen, zu erlernen, was auch immer – aber lerne. Was würdest du tun, wenn du nicht verstehst, was um dich herum passiert. Genau, frag mal Google – welche Suchbegriffe tippst du denn ein: Was ist los mit mir, warum bin ich anders, was ist denn anders, wo finde ich Worte, wie lerne ich lesen, wann kann ich verstehen, wie kann ich verstehen, was heisst es denn überhaupt, anders zu sein, warum kann ich nicht einfach sein wie alle anderen...


Für die ganz Aufmerksamen da draussen, lesen und schreiben gehört nicht zu meiner Königsdisziplin, dennoch musste ich es lernen. Nach all den Jahren nicht Wissen, was auf dieser Tafel steht, nicht weiterkommen im Leben, musste ich selbständig werden, ohne zu Wissen wohin mich das alles führt. Mir Wissen aneignen, schreiben und lesen lernen. Lerne deine eigenen Grenzen kennen, wachse, werde Erwachsen, pflanze und bewässere wenn niemand hinschaut, suche Lücken, finde Wege, setze und hinterlasse Spuren. Beobachte, tarne dich, halte dich zurück, hole Anlauf... Schlage sie mit ihren eigenen Waffen, sei kein Trottel und mach die Fehler zweimal. So, bin ich gross geworden – um nicht alt zu sagen – und heute breche ich trotz all der dazugewonnen Erkenntnis noch immer in Tränen aus, wenn ich diesen Titel lese:


Ich will nicht Teil eines Ganzen sein, wenn ich nicht genauso wie ich bin, gewollt bin!

Wie kann man urteilen, wie kann man vorschreiben wie Menschen zu sein haben, wenn sie sich selbst nicht in diese hineinversetzen können. Wie kann es sein, dass die Mehrheit denkt sie stünden im Recht und mähen alles nieder was nicht gleich tickt wie sie? Liegt es an der fehlenden Intelligenz? Oder ist da etwas Angst, eine gewisse Unsicherheit, weil man sie durchschauen könnte? Sind es fehlende Wissenslücken, welche die Gehirnwindungen der Mehrheit in Verlegenheit bringen, weil sie mehr wie lesen und stehenbleiben nicht können?


Da wir als Minderheit immer flexibel, elastisch, anpassbar, erfinderisch und spontan sein müssen, gelingt uns der Sprung von gestern auf heute zu übermorgen besser und geschmeidiger. Was nicht heisst, dass die Unsicherheit bleibt, die Tränen versteckt weiter rollen und dennoch denkt ihr wir können stetig und immer unsere Grenzen überwinden? Habt ihr euch schon mal gefragt, wie ihr Menschen brechen könnt? Wenn ihr nicht versteht, heisst es nicht, dass die anderen sich anzupassen haben, denn sie tun es, weil sie Teil eines Ganzen sein wollen, nicht weil sie können – viel mehr, weil sie müssen – oder habt ihr das Gefühl wir hätten eine Wahl?


Es gibt im Leben nicht immer eine Wahl!

Ihr wollt Heilen, ihr wollt Medikamente, ihr wollt Normen, ihr wollt mehr Gesetze, ihr wollt Diktatur, ihr wollt Macht, ihr wollt Besitz, ihr wollt Recht, ihr wollt Krieg, ihr wollt Verwesung aller die nicht ticken wie ihr.


Was ihr nicht wollt, lernen von Minderheiten, lernen von Grenzen, lernen von Missglücktem, lernen von Fehlern, lernen von Neuem, lernen von nicht erreichtem, lernen von Heute, lernen von kranken, lernen von Wissenden, lernen von Stillen, lernen von- und aus Momenten. Es muss immer alles noch besser, noch grösser, noch intensiver sein. Zufriedenheit ist nicht Teil eures Weges, denn am Ende wollt ihr Unsterblich sein um aus all dem was ihr tut nichts Erlenen zu können.


Ich verstehe euch nicht, ich verstehe nicht, was ihr auf dieser wunderbaren und kostbaren Welt tut, wenn ihr Unsterblichkeit anstrebt, wenn ihr Schönheit mit vorbestimmten Augen definiert, wenn ihr Gesundheit mit Schmerzen überstimmt, wenn ihr Kinder mit Medikamenten vollstopft, damit sich diese an die von euch vordefinierten Normen halten. Warum wollt ihr denn Unsterblich sein? Um endlos in dieser Schleife, in diesem Kreis stecken zu bleiben? Ich schweife ab, ich verliere mich in meinen Gedanken – beame mich zurück vor diese Tafel, auf der was steht, was ich nicht lesen kann. Ich kann nicht sehen, was ihr seht, ich kann nicht lesen, was ihr lest, und ich kann eure Gedanken nicht verstehen. Der Unterschied von euch zu uns ist, dass wir Verstehen, wachsen, lernen möchten, nicht Urteilen wollen ohne Wissend zu sein.


Ganz benommen setze ich mich auf den kalten Fussboden, neige meinen Kopf in die vor mir aufgefalteten Hände und versuche in die Dunkelheit meiner geschlossenen Augen zu verschwinden, tauche ab in die tiefe meiner Seele und erstarre in mir. Auftanken kann ich in der Stille, in mir, in meinem eigenen Moment. In diesem Moment voller Ruhe, die Gedanken werden weniger, die Probleme kleiner, die Tränen trocknen und der auftretende Schwindel verabschiedet sich. Nun ist es die Ruhe, die eigene für mich vorbereitete Welt, die mir zurechtgelegte Oase, welche mich rausholt aus euren Normen, aus den Gesetzen, aus dem Bösen, aus dem nicht «reichen» können. Meine eigene Welt, schwarz/weiss, nicht definiert, vielleicht nur skizziert, aber ruhig, alles beisammen, alles an einem Ort und nicht überraschend woanders. Nichts wird umgestellt, nichts wird in Frage gestellt, es ist und bleibt an einem Ort – meinem Ort…


R U H E – R U H E – R U H E – R U H E – R U H E – R U H E

Wenn mich hier keiner raus-reissen würde, dann könnte ich gut und Sicher darin leben. Es sind viele, bereits erwähnten Momente, in denen ihr mich Ohnmächtig macht. In denen ihr mich zum Weinen bringt, ein Gefühl, welches ich nicht kannte. Warum weint mein Körper, warum kommt da Flüssigkeit aus meinen Augen? Ist es ein Gefühl? Woher kommt es denn? Warum produziert der Körper was er produziert, und schon schweife ich wieder ab. Anatomie, der Mensch, das Gehirn, die Organe, das Innere – und ich bin bei mir – ganz und gar bei mir. Es sind nicht die anderen die machen, was sie machen, ich bin es, die machen lässt, was sie tun?!


Oder habe ich diese Wahl nicht, hatte ich sie nie. Wer hat denn eine Wahl? Du? Oder Du? Oder Wir? Wer entscheidet was sich richtig anfühlt? Wer nimmt das Recht heraus Entscheidungen für andere zu treffen und diese dann auch noch ernst zu meinen? So bin ich in den letzten 46 Jahren in so manche Situation geraten, in der ich niemals sein wollte. Ich musste lernen, musste Antworten finden, ich wollte wissen, was auf dieser Tafel steht und warum diese Tafel so unendlich wichtig scheint für mein Leben, meine Welt, mein Recht auch hier sei zu dürfen, gewollt zu sein, einfach so wie ich bin.


Ich möchte nicht in eine negative Gedankenspirale gelangen, ich schreibe diese Zeilen nicht um Mitleid zu ergattern, ich schreibe diese Zeilen zum Sinnieren, zum Nachdenken, zum Reinspazieren, in mich hineinhorchen, zuhören, weitergehen und lernen, weiter lernen. Wie ein Buch das sich mit Erlebnissen, Ergebnissen und Erkenntnissen füllt, ein Nachschlagwerk von mir, an mich, für mich. Ich bin gestolpert, ich scheitere heute oft noch an denselben Dingen wie damals. Ich habe mir so vieles eigenständig beigebracht und wachse an und mit mir. Ich weiss nicht, was es heute besser macht als damals – wohl die Erfahrung, der eigene Wachstum. Heute weiss ich aber, dass ich niemals erfahren werde, was auf dieser Tafel steht, ich werde die Worte, die Zeilen nicht entziffern können. Wir sprechen eine andere Sprache, wir sind nicht wie links und rechts, wir sind anders. Individuen eben, einfach und klar, anders und wenn auch ungewollt, es ist wie es ist.


Wir sind was wir sind und werden zu dem, was wir werden oder sein wollen. Ob du nun mit deinem Finger auf mich zeigst, mich an die Wand stellst, mir vorschreibst was ich zu sein habe, mich zu pumpst mit Drohungen und mir das eigene Leben schwer machst, am Ende entscheide ich, ob ich deinen Weg weitergehen will. Es sind meine Fussspuren, hinterlasse ich sie auf deinem Weg, so wird man niemals wissen, wer ich wirklich war. Hinterlasse ich Spuren auf meinem eigenen Weg, trete ich aus deinem Schatten und kreiere meine Welt, meine Oase, mein Teil des Ganzen und der Titel scheint sich in eine neue Richtung zu entwickeln:


Ich bin Teil meines Ganzen, weil ich gewollt bin!

Ich wünsche jedem da draussen der Zweifel hat nicht dem zu entsprechen, was die Mehrheit vorschreibt, eine grosse Portion Mut, Selbstliebe und Zuversicht. Nicht die Minderheit verliert am Ende des Tages den Boden unter den Füssen. Es mag sein, dass wir einen Moment lang teil eines Systems sind, bis wir lernen aus dem Schatten der anderen hervorzutreten und dem Echo des eigenen Liedes zu folgen. So falte ich erneut meine Hände zu einem Kissen, schliesse den Moment im Hier und Jetzt ab und gehe zurück auf meine Reise, in meine Farben, meine Melodien, meine Gesetze, meine Schwingungen und blende aus was mich nicht als Ganzes sein lässt.


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