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Möwe

Let’s change the running system!

  • Autorenbild: Prisca Santschi
    Prisca Santschi
  • 7. Juli
  • 5 Min. Lesezeit

Der Weg ist das Ziel, oder Tun ist krasser als Wollen oder es nicht zu tun. Ich weiss nicht, manchmal brüllt und schreit es einfach in meinem Kopf. All die Stimmen melden sich gleichzeitig und mein Schädel scheint kurz vor einer Implosion zu stehen.


«was hesch gseit, schnurr nid dri, psssst ig verstah nid was die dahinger gmeint het, viellech wichtig, ah meinsch nid, auso guet, de haut nid. Wart schnäu, ig kehre nomau – läck isch das cool, ig stirbe, nenei du stirbsch nid, es fingt die sowieso kene, dene zeigis, nei ig maches nume für mi allei… aha u werum de immer usetrage, fotografiere, teile uf disne u jene medie, bruchsch anerkennig, ä stupf i ds füdle, oder hesch nid gnueg medaille deheime, bruchsches, ja du gigu bruchchsches…»  


Ich weiss nicht, ob jeder Mensch diese Stimmen in sich trägt, ob sie bei allen gleichlaut sind. Bei mir spricht alles gleichzeitig-durcheinander, dann ist da noch die visuelle Wahrnehmung, welche oft was anderes sieht als das Gesprochene und um dem Ganzen nicht von der Schippe zu springen führe ich nebenher irgendwie eine To-Do-Liste, welche mir helfen soll, zumindest die wichtigsten Teile zu behalten. Aber, was ist denn wichtiger als das andere was ja auch eher wichtig ist, sonst wärs ja nicht da und präsent. Und schon komme ich von meinem eigentlichen Vorhaben ab und verzettle mich im Nirvana der Stimmen, der Zettel, der To-Do’s. Mein Tag hat definitiv zu wenig Stunden oder mein Gehirn noch allzu viel ungenutzte Fläche, welche mit Ideen, Stimmen oder Wahrnehmungen gefüllt werden müssen. So eine Art Bunkerverhalten, was ich noch nicht fertiggedacht habe, kann noch nicht weg und was nicht weg kann trägt schwer auf. Was ich aber eigentlich tun wollte ist schreiben, einen weiteren Erguss meines Gehirns auf Papier bringen, um Leerraum zu schaffen für neues Stimmgeschwader.


crossrail

Ich habe vor einiger Zeit, eher durch Zufall – um meiner damals noch Freundin imponieren zu wollen – mit dem Joggen angefangen. Damals hörte sich das alles allerdings eher an wie eine Dampflocke, welche den Berg hoch schnaubt, um am Ende ganz oben Sterben zu können.


Wenn ich Berg sage, dann war das damals einen knappen 5 Meter Höhenunterschied. Ich frage mich gerade, was meine damalige Freundin dazu bewegt hat mich trotzdem zu heiraten – haha.


Auf jeden Fall habe ich mir nach diesem gefühlten 100km Jogginglauf geschworen (ich glaube mehr wie 5km waren das nicht) niemals wieder Joggen zu gehen, was für eine doofe Sportart, die liegt mir einfach nicht, ich war ja sowieso immer eher der Kurzstreckenläufer und da wollte ich auch wieder hin. Schliesslich bin ich mit dem Rennrad tausendmal schneller unterwegs. Zack, Idee gestorben!


Ich bin meiner Idee, es nie wieder zu tun, nicht lange treu geblieben, aber auch nur weil ich musste. Ich trainierte für das bevorstehende Alpenbrevet mit dem Rennvelo und dachte mir «wer braucht schon das Joggen, wenn man Rennrad fahren kann.» ich wurde während dem Training leider nicht besser, ehrlichgesagt stagnierte meine Leistung und ich bin nicht weitergekommen.


Meine Frau schenkte mir ein Buch unter anderem über Sportler und deren Ernährung und welche Punkte sonst noch so wichtig und zu beachten sind, damit solche Vorhaben und Ziele am Ende auch funktionieren. Und wer meine Blogbeiträge bereits verfolgt, weiss, dass mir ein Laktatstufentest aufgezeigt hat, wo ich stehe und was ich unternehmen muss, um besser zu werden.


Ein Umdenken muss stattfinden. Meine Laktatstufe muss wachsen, dehnbarer werden... und wie erreicht man das am besten – GENAU unter anderem, beim Joggen.


Da kann ich Tempo und Limit besser festlegen und mich an die Pace halten, welche ich einhalten müsste, um länger zu können – nicht besser – aber länger.



Da war sie nun, die Untreue meiner Gedanken. Ich musste mir die Schmach geben und mit dem Joggen anfangen. Langstrecke, Ausdauer, Geradeaus, Berg hoch, Berg runter – aber wie joggt man den und wie macht man es richtig. So habe ich mich dazu entschieden in den zwei Monaten Auszeit, welche ich in Kroatien verbringe, damit anzufangen. Da sieht und hört mich keiner – es hat keine Berge und die Insel (Vir) ist so klein, dass sogar die langsamsten am Abend wieder zu Hause im eigenen Bett schlafen können.


Und wie meine Gedanken es tun, so bin auch ich – einfach drauflos, nichts denken und einfach machen. Am Strand entlang, bei Wind und Wetter, jeden Tag, ohne Pause, viel zu schnell und ohne Ahnung von Ahnung...!

Raupe

Anstelle von besser werden verschlechterte sich mein Zustand meiner Gelenke dem Alter entsprechend. Die Knie, die Füsse und der Rücken wollten dann eher nichts mehr Grossartiges mit mir zu tun haben.


Ich brauchte einen Plan, einen sinnvollen, körperschonenden, ausdaueraufbauenden Plan… und so begann meine Geschichte mit dem Joggen.



Tun ist viel geiler als Lassen! Heute kann ich kaum eine Woche durchhalten, ohne eine Runde Joggen zu gehen, es gleicht meinen Drang nach Bewegung mit dem Rennrad aus und bringt mich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch an meine positiven Grenzen. Ich liebe es einen Hügel hochzurennen, nicht weniger dampfend wie eine alte Locke, aber mit viel mehr Ausdauer und Freude im Gesicht. Das Jahrelange Training, nicht aufgeben bezahlt sich aus. Es sind die wenigen Momente, an denen ich meine Stimmen im Kopf nicht höre, sie komplett ausblenden kann und mit mir zusammen im Moment lebe. Es ist keine To-Do-Liste anwesend welche mich fast ohnmächtig werden lassen, es ist einfach Zeit mit mir, wertvolle, kostbare Zeit zu zweit.


Wegweiser

Ich habe mit Sicherheit nicht jeden Kilometer auf dem Weg genossen und ich fluche auch heute noch, aber es ist und bleibt der Moment, in dem ich lebe.


Meine kreativsten Gedanken habe ich beim Joggen und beim Rennradfahren und das nicht beim entspannten runterrasen, viel mehr in der kompletten und auskotzenden Anstrengung auf dem Weg nach oben.


Ist es nicht wundervoll, wenn du am Ende für den einen Augenblick gelebt hast – wo das Pure Leben durch deine Adern fliesst, du keine Ablenkung hast, die dich negativ beeinflusst und du einfach nur zufrieden bist, mit offener Lunge und offenen Augen den Moment geniesst – mit dir – indem du etwas tust, was dich anstrengt, dich aber vollkommen sein lässt.


So kann es mir heute passieren, dass aus einer «ich wollte nur kurz ne Runde drehen…» ein 12 Kilometer Crossrail wird, der mich an meine persönlichen Grenzen bringt, ich aber zufrieden und happy bin und das Leben lebe, welches ich heute selbständig wähle und gestalte. So wurde aus der sportlichen Untreue mein persönliches Highlight – denn dieser Weg führt zu mir – es ist meine Entscheidung – und sie tut mir gut.


Hört nicht immer darauf, was die Physischen wie Psychischen Merkmale andeuten, es gibt immer verschiedene Perspektiven oder Spielraum. Ich bin glücklich darüber, dass meine Fitness nicht der Hinderungsgrund fürs Heiraten (haha) gewesen ist – dennoch gilt für mich immer noch, dass es einfacher ist, sich Fit in ein neues Abenteuer zu stürzen als keuchend im Stillstand.


Let’s change the running system... and be happy!

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