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Möwe
  • AutorenbildPrisca Santschi

Der Weg ist das Ziel: Hinnehmen, Annehmen, Weitergehen, Aufstehen, Hinfallen, Demut.

Aktualisiert: 20. Aug.

Das Alpenbrevet 2024 startet in 20 Tagen. Ich habe etwas mehr als ein Jahr trainiert und versucht mich physisch und psychisch auf das Rennen in den Bergen vorzubereiten. An Tag 21 werde ich wissen, ob ich das Ziel, welches ich mir vor einem Jahr gesetzt habe, auch wirklich schaffen konnte. Davor ist der Weg das Ziel. Hürden sind da, sie zu nehmen und das Beste aus den gegebenen Situationen zu machen.


Ich war ein halbes Leben lang auf Kurzstrecken und Sprints fokussiert und meine Muskeln wurden diese Richtung erzogen. Ich habe den Kopf auf «Jufle» eingestellt und habe nicht gelernt, dass «was lange währt wird endlich gut» auch eine Variante sein kann. Für mich war immer, der Schnellste ist der Erste und der, der nicht jammert, der Stärkste. So war David immer schwächer wie Goliath, weil der Grosse ja der Grösste und der Kleinste eben der Kleinste ist. Egal was die Geschichte schreibt, in meiner Wahrheit, war es eben meine Wahrheit.


Heute sehe ich vieles mit anderen Augen. Ich kann ein halbes Leben auf etwas hintrainieren, wenn der Tag X kommt, kann ich nicht beeinflussen, was mein Körper mit mir vorhat. So hat es mich genau 4 Wochen vor dem Rennen für eine Woche flachgelegt – der Norovirus hat mich besucht und mich um ein Vielfaches zurückgeworfen. Das Gegenteil von Gut ist nicht gut genug und meine Muskeln gleichen mehrheitlich einem Hungerhacken, welcher gerade eigentlich viel mehr noch Essen sollte, wie davor.


Was nicht geht, geht eben nicht und wenn es nicht passt, ist heute nicht mehr das Ziel es passend zu machen. So will ich, meinem Vorausgegangenen Blog «Frei sein» gerecht werden den Moment Umarmen, in dem ich stecke. "Läck das tönt, als wäri useme Buddhistische Tempu usbroche."


Was für eine Herausforderung! Ich will und werde es schaffen müssen – S T O P – ich werde es schaffen! Wenn mein Kopf erkennt, dass Körper, Geist und Seele im Einklang sind. Es ist nicht das Ende meines Seins, wenn ich da oben nicht ankomme, es ist auch nicht das Ende meines Seins, wenn ich nicht dieses Ziel erreiche, sondern viel mehr das Ziel den Weg zu sehen, den Weg zu gehen, so wie ich es ein Jahr lang gemacht habe, ich bin den Weg gegangen, das Ziel ist somit bereits erreicht.


Trete ich wie früher in den Wettkampfmodus, dann blende ich alles aus, ich will gewinnen, bin verbissen und starte mit dem einzigen Gedanken als Sieger aus dem Rennen zu gehen. Was aber erlebe ich in dieser Phase? Stress, reiner und purer Stress. Kann ich auch Siegen, wenn ich den Weg gelassen gehe, wenn ich mich im Hier und jetzt auf das Konzentriere was mir gerade guttut. Vielleicht eine Umarmung, ein Blick in den Himmel, ein Moment von Ruhe, ein Schluck Kaffee, einen Moment mit dem Hund oder eine Tour mit dem SUP auf dem See, oder einfach nur Sein «To be, or not to be».


Was gewinne oder verliere ich, wenn ich einfach nur bei mir bin und mein Kopf mich nicht als Status-Symbol hinstellt? Was gewinne oder verliere ich, wenn ich den Moment annehme, wie er ist?


Sollte ich mich entscheiden müssen, dann würde ich heute die Variante wählen, in der ich annehme, denn gewonnen habe ich bereits, weil ich für mich entschieden habe einen Moment mit mir zu verbringen, jeder Moment, den auf dem Rennrad, im Training verbringe, im Hier und Jetzt lebe, ist eine Umarmung an mich selbst. Mich aus dem Alltag rausnehmen, mir die Freiheit schenken mich Frei zu fühlen, glücklich und zufrieden, sozusagen mich volllaufen lassen mit Dopamin.

Sundowner

Ich bin also auf dem Weg zum eigentlichen Wettbewerb an vielen Kreuzungen vorbeigegangen. Einige haben mich mehr gestresst wie andere, auch heute stresst mich der Gedanke die zwei vor mir Emporsteigenden Gipfel vielleicht nicht erreichen zu können, aber ich weiss, dass es nicht der Sieg ist, der am Ende zählt. Mein Weg wird weitergehen, mich weiterhin über viele unverständliche Umwege führen, bis ich am Ende erkenne, welches denn meine Antworten sind.


Schwenker: So bin ich mir heute bewusst, dass irdisch sein auch beinhaltet Leistung zu erbringen, weil es verlangt wird, weil man nach Leistung, nach Anpassen erzogen wird, weil es das ist, was mir bereits im Kindergarten eingetrichtert wurde – eine Spirale, die nicht endet, bevor ich sie nicht beende.


Diese Umwege gehe ich so lange bis ich frei bin von Gedanken, die mich an früher erinnern, die mich daran hindern den Weg als Ziel zu sehen.


Zurück zum Alpenbrevet 2024, ich weiss, ich werde den Weg sehen, ich weiss auch, dass ich an diesem Tag in Situationen geraten werde, an denen ich verbissen sein will und meinen Körper ausbeute, bis er selbst nicht mehr weitergehen kann und mich daran hindern wird, weiterzukommen. Ich weiss auch, dass es Momente geben wird, an denen werde ich mich verfluchen, dass ich sowas überhaupt angestrebt habe, ich bin mir auch bewusst, dass ich Momente haben werde, an denen werde ich vom Fahrrad steigen und mich auf den Boden setzen und denken «Ende, Schluss, Aus» und Innere Stimmen werden mich umlenken, mich zum Weitergehen motivieren, mich mit dem Teufel und dem Engel auf der Schulter dastehen lassen und verzweifelnd nach Antworten suchend.


Ich bin mir bewusst, dass ich mir Vorwürfe machen werde, warum ich denn nicht doch mehr auf die Ernährung geachtet habe und warum ich denn nicht dies oder jenes mehr getan habe, etc. ich weiss es wird ein innerer Kampf, ein sich aufopfern für was auch immer – weil es eben mein Dasein ist, welches ich mir ein halbes Leben lang antrainiert habe.


Dann werde ich mich an den Gedanken gewöhnen, dass «Aufgeben» eine Option ist, ich habe schon gewonnen, ein Jahr, ein Weg, mein Weg. Der Tag X ist nur ein wenig Sahne mehr für eine innere Challenge, eine Herausforderung, welche mir heute aufzeigt, dass ich nicht Leistung erbringen muss, um gut zu sein, denn ich bin gut! Ein Wettkampf war und ist also eine Chance, eine Reise zu mir. Ich habe früh gelernt, dass ich gewisses hinnehmen muss, dass ich mich mit äusseren und inneren Gegebenheiten anfreunden muss, um weitergehen zu können. Angst etwas nicht schaffen zu können in positive Energie umwandeln und sie annehmen, dann wird Angst ein Motivator und kein Feind und Motivation ist wie das Benzin meiner Muskeln.


Da sind sie also all die Gedanken, die Drehscheibe im Kopf, das Manifestierte was ich in den Jahren antrainiert habe und mich heute in meinen etwas reiferen Jahren hinterfragen lässt. Wenn also der Weg das eigentliche Ziel ist, dann ist es gar nicht wichtig ans Ende zu kommen, das Ende ist dann eben das besagte Ende, also das komplette, das abgeschlossene, beendete irdische Dasein.


So will ich mir möglichst lange, steinige Wege suchen, solche die mir noch weitere Schritte aufzeigen, mich des Öfteren Handlungen und Tun hinterfragen lassen, damit ich dem Weg die Aufmerksamkeit schenken kann, welche dieser Weg, nämlich meiner, verdient hat.


Bald beginnt Tag X, ich bin vorbereitet auf den Kampf mit meinen Gedanken, welche mich nicht daran hindern werden, auch diesen Weg zu gehen, er wird mich begleiten, auf dem neuen Weg vielleicht nicht ans Ziel zu gelangen, sondern auf einen neuen, weiteren, interessanten und spannenden Weg, einen Weg in die Herausforderung, in das Annehmen, Hinnehmen und dafür frei sein zu dürfen.


Wenn ich zurückblicke auf all die gefahrenen Kilometer, welche hinter mir liegen, dann bin ich stolz auf jeden einzelnen, denn sie machen mich zu dem, was ich heute bin. Ein Mensch, der Nachdenkt, nicht «drischiesst», und zwar immer noch ab und zu «juflet» aber viel mehr in sich selbst und dem Moment ruht. Die Perspektive auf den Sieg hat sich in all den Jahren verändert, ich fühle mich freier und entspannter. Klar, ich sollte mehr essen, mehr trainieren, mehr von allem… aber in erster Linie weniger getrieben und viel mehr gechillt sein.


Zen werden, Zen sein…

Es ist wahrlich so, aus einem getriebenen Menschen kann man nicht von heute auf morgen einen entspannten in sich ruhenden Menschen machen. Aber man kann lernen im Moment zu sein, diesen in den Gedanken anzunehmen, in denen er sich befindet und dann, dann wird es leiser, glücklicher und zufriedener im Kopf, im Körper und in der Seele. Ich nehme diese Herausforderung an, vielleicht um mich selbst zu beruhigen, dass es nicht schlimm ist, wenn ich die beiden Gipfel nicht erklimmen kann, aber vielleicht auch als ausrede warum es nicht funktionieren wird, aber vielleicht auch wirklich, weil ich tief in meinem inneren gelernt habe, anzunehmen, hinzunehmen…


Ich bin ein Game Changer, ja das bin ich wirklich. Es wird meine persönliche Herausforderung sein, fluchend die Höhenmeter zu erklimmen und irgendwann wieder einen Blog-Beitrag zu verfassen, der euch erzählt, wie Dinge auch laufen könnten, wie man gelassener oder entspannter werden kann. Im Tun, im Sein oder im Lassen.


Ich bin meine härteste Herausforderung und genau diese gilt es zu verstehen, denn dann wird mein Weg der einzig wahre sein – der meine. Ich freue mich auf den Tag, er soll ruhig kommen, ich bin entspannt.


Zen…sierte Ruhe – Purer Genuss  

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