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Möwe
  • AutorenbildPrisca Santschi

Abgrundtief freundlich!

Aktualisiert: 20. Aug.

Händeschütteln ist sowas von Vorgestern...

Merci, Danke Au reservoir

Wir Schreiben das Jahr 2020! Der Introvertierte Asperger, welcher als Unhöflich, Asozial, Kompliziert, Unangepasst, Frech und Arrogant beschimpft wird, hat heute die Chance der Pandemie seinen grossen Dank auszusprechen. Denn per sofort gelten alle die sich Distanzieren und sich vor allem einfach zunicken anstelle von Händeschütteln, als FREUNDLICH! Wir sind also per heute alle Umsichtig und Sozial-Kompetent!


Ihr verzichtet also freiwillig darauf euch in den Armen zu liegen, allen 2-3 Küsschen aufzudrücken/aufzuzwängen, eng-umschlungen "hallo" zu sagen und jeden so zu begrüssen als würdet ihr mehrere Millionen Freunde auf der Welt besitzen welche ihr als "eng" bezeichnet. So à la Facebook für Extrovertierte Weltherrscher.


Ein schöner Gedanke, ich kann mich also in Zukunft frei bewegen, muss keinem mehr die Hände schütteln, muss niemandem seine Umarmungen mehr über mich ergehen lassen und gelte als Freundlich ja sogar Umsichtig, wenn ich das alles lasse - ich nehme Rücksicht, weil es die Pandemie so vorschreibt!


Der Holunder blüht, die Blumen färben die Wiesen farbig, die Vögel lehren ihrem Nachwuchs gerade wie sie sich auf der Welt zu benehmen haben. Die Sonne wärmt meine Haut, die Musik spielt in meinem Gehörgang laute Töne, gerade so um all die klatschenden Nachbarn ausschalten zu können - denn mit der Distanz alleine habt ihr euren Mitmenschen noch keinen gefallen getan. LEIDER!


Kennt ihr den Unterschied zwischen "du musst was tun, weil es das Gesetz so vorschreibt..." und "du musst was tun was nicht deinem naturell entspricht" ein Introvertierter Asperger hat gleich 2x die Arschkalte gezogen - in einer Welt voller lauter Extrovertierten Narzissten - welcher vor allem eines Wollen, Recht haben!


Einem Asperger gelingt es seit Geburt nur schwer Emotionale Regungen zu verstehen, Menschen oder Situationen lesen zu können. Sich anpassen zu können, an eine zutiefst gestörte Gesellschaft erfordert Wissen, viel Inhalt und oft auch einfach Schauspielerisches Talent. Wir müssen also zu Beginn lernen, wie wir uns anpassen müssen, uns zurecht finden, wir müssen lesen noch bevor wir Buchstaben kennen und wir müssen reden noch bevor wir in Ruhe denken konnten.


So werden wir also konfrontiert mit der Welt, dem grellen Licht im Gebärsaal, vielen Extrovertierten Menschen welche alle anfassen wollen was sie da gerade erblicken und am liebsten wollen sie es auch gleich schon Knutschen!


Schockgefroren stehen wir nun da - gerade erst von der leisen Welt bei Mama im warmen, wohligen Bauch rausgerissen worden - schon könnten wir uns bei Captain Iglu bewerben um im Gefrierschrank als eines der Stäbchen im Gaumen von einer Menschenfressenden Legion wieder sterbend zu verlassen was wir noch gar nicht kennen. Oder aber wir entscheiden uns für das Leben.


Als Kind verzeiht man dir so ziemlich alles oder eben auch gar nichts. In der Schule bilden sich Gruppen, keiner will dich haben weil du zu leisen, zu still, zu anders bist. Dann merkst du, dass es dich gar nicht gross stört wenn du alleine bist, wenn Menschen dich einfach sein lassen und erschaffst dir deine Welt, die eigene bunte (schwarz/weisse) Welt - es ist schön da drin, in dieser kaum zerstörbaren Kapsel, in dieser Luftblase die als dein sicheres zu Hause gilt - doch dann, dann sind da die Menschenfressenden Krähen, welche alles aufpicken was nicht bei 3 auf dem Baum ist, sie sind laut, sie sind präsent und sie kommen immer wieder.


Die Löcher in deinem Schädel werden immer grösser, Hirnmasse verabschiedet sich, du kannst nicht mehr zusammenhalten was du schützen wolltest und stehst nun vor dieser Meute - immer wieder singt Rammstein in einem Lied:


"Auf einer Brücke ziemlich hoch

Hält ein Mann die Arme auf

Da steht er nun und zögert noch

Die Menschen strömen gleich zuhauf

Auch ich lass mir das nicht entgehen

Das will ich aus der Nähe sehen

Ich stell mich in die erste Reihe

Und schreie: SPRING"


Was nun, du kennst sie nicht, die Meute, du kannst nicht entkommen, denn sie sind laut, sie sind stark und sie wollen dich, sie wollen dich formen, sie wollen dich prügeln, sie wollen dich erziehen, umerziehen! Springst du nicht, dann wehrst du dich dein Leben lang - springst du doch, dann verleugnest du dein Gene - was nun, was tun...


Leise summe ich im Takt der tropfenden Hirnmasse: "P, P, P, Pingu, Pinguu, Pinguu..."


Entschuldigt meinen langen Einsatz von Erklärungen, entschuldigt mein nicht verstehen was ihr von mir wolltet und entschuldigt mich dafür, dass mir die Welt in leisen Tönen lieber ist wie in lauten. Ich bin keinem dankbar dafür, dass wir heute als freundlich und umsichtig gelten, nur weil ihr wieder mal euer eigenes Ego schützen wollt. Denn wenn ihr wirklich freundlich und umsichtig sein möchtet, dann würdet ihr endlich einsehen, dass blau nicht einfach blau ist, grün auch nicht einfach grün - es wäre jedem einzelnen so egal wie Dinge sind, denn sie sind - und das muss entscheidend sein.


Ich bin ein Asperger, ein Introvertierter noch dazu. Ich ziehe es vor wie die Eule zu beobachten, zu lernen und mit mir zusammen Wege zu finden die mir gut tun, weil ich so wie ich bin einfach gut bin! So werde ich weiterhin meine Hände in der Hosentasche belassen - ob ihr nun gerade an einer Pandemie rumdoktert oder an was auch immer - angepasste Menschen gehören nicht in meine Liga!


Seit freundlich, umsichtig, nett oder lasst es - Toleranz beginnt mit der Intelligenz oder zumindest mit Niveau!

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